Japanischer Whisky: die erstaunliche Karriere einer Spirituose
„Was hat denn Whisky aus Japan dazwischen zu suchen?", so oder ähnlich ging es schon manchem durch den Kopf, der nach längerer Zeit mal wieder in Whisky-Angeboten stöberte. Whisky-Kenner aber wissen: Japanischer Whisky ist ein absolutes Spitzenprodukt, dessen Qualität seinem doch etwas höheren Preis voll gerecht wird. Oh ja, den Japanern darf man in Sachen Whisky ruhig etwas zutrauen, haben sie sich bereits auf vielen anderen Gebieten als Meister der Imitation und Neuinterpretation erwiesen – erinnert sei hier an international erfolgreiche Erzeugnisse aus Japan wie Autos, Motorräder, Elektronik und Kosmetik. Japanischen Unternehmern geht es nicht einfach um billige Kopien. Vielmehr lassen sie sich von etwas inspirieren, ahmen es nach und entwickeln es für ihre eigenen Bedürfnisse weiter. Stetige Verbesserung ist dabei eines ihrer Prinzipien, das sogenannte Kaizen-Prinzip. Was dabei herauskommt, gefällt oft auch internationalen Konsumenten. So geschehen auch beim japanischen Whisky.
Wie die Japaner auf den Whisky kamen
Ende des 18. Jahrhunderts gelangte Whisky zum ersten Mal in kleinen Mengen nach Japan. Die rare exotische Spirituose wurde teuer gehandelt und zum Statussymbol der Reichen. Erst die Herstellung von Whisky innerhalb Japans ab dem 19. Jahrhundert machte das Getränk schließlich auch für andere Bevölkerungskreise erschwinglich.
Vorbild für japanischen Whisky war schottischer Malt-Whisky. Der schottischen Tradition entsprechend bildet auch in Japan Getreide und nicht etwa Reis die Basis für Whisky. Als Begründer der japanischen Whisky-Produktion gelten Shinjiro Torii und Masataka Taketsuru. Der Arzneimittel-Großhändler Torii gründete das Unternehmen Kotobukiya, den Vorläufer vom heute bekannteren Suntory, einem der hoch angesehenen Produzenten japanischen Whiskys. Torii engagierte dann Taketsuru, einen Destillerie-Experten. Masataka Taketsuru brachte in den frühen 1920er Jahren sein direkt in Schottland erworbenes Destilleriewissen nach Japan. Während seiner Arbeit für Toriis Firma Kotobukiya trug Taketsuru außerdem zu Toriis erfolgreichem Aufbau der Yamazaki-Destillerie bei. 1934 verließ Kotobukiya das Unternehmen, um seine eigene Whisky-Firma zu gründen: Dainipponkaju – inzwischen unter dem Namen Nikka bekannt.
Nach den Erfolgen in Japan sollte es allerdings noch bis ins 21. Jahrhundert dauern, bis japanische Whiskys auch in westlichen Ländern populär wurden. Dann aber überzeugten sie so sehr, dass sie sogar in angesehenen Wettbewerben Preise abräumten.
Bis zum heutigen Tag sind Suntory, Yamazaki und Nikka Freunden japanischer Whiskys Begriffe für höchste Qualität. Weitere gute Marken wie zum Beispiel Hakushu, Fuji Gotemba, Miyagikyo und Chichibu kamen hinzu.
Was macht japanischen Whisky so besonders?
Schon vor der Erzeugung japanischer Whiskys war den Japanern die Destillation von Alkohol gut bekannt – Stichwort: Sake. Der Herstellung von ihrem eigenen Whisky drückten die Produzenten dann sozusagen einen japanischen Stempel auf. Sie passten die schottischen Rezepturen zum einen an japanische Geschmacksvorlieben und Speisen an. Zum anderen führen einige Gegebenheiten in Japan zu einem individuellen Whisky-Erzeugnis: Insbesondere das zur Produktion benötigte Grundwasser ist in Japan weicher und extra rein. Hinzu kommt das zwischen den Jahreszeiten Sommer und Winter höhere Temperaturgefälle als in Schottland. Japanische Whiskys erlangen im Durchschnitt um ein Drittel früher ihre Reife als schottische Whiskys.
Typisch für japanische Whiskys ist ihr milder und fruchtiger Geschmack, womit sie sich auch für Whisky-Neulinge als ideales Einsteigergetränk eignen. Wer sich daheim eine Whisky-Bar hält, sollte unbedingt japanischen Whisky darin haben. Für Whisky-Liebhaber ist eine Flasche japanischer Whisky übrigens eine wunderbare und mal andere Geschenkidee.